Historische Orgeln in Oberschwaben

Historische Orgeln im Dreiländerkreis Sigmaringen

Orgel der Klosterkirche SießenDas 2010 erschienene Buch enthält 36 bebilderte, ausführliche Einzeldarstellungen historischer Orgeln:

Zudem enthält das Buch ein Kapitel zur Geschichte des Orgelbaus im Landkreis, ein Verzeichnis aller Pfeifenorgeln im Landkreis Sigmaringen (mit Abbildungen ausgewählter Orgeln) sowie ein Verzeichnis der Orgelbauer, die im Landkreis tätig waren. Ein Literaturverzeichnis und ein Personenregister beschließen den Band.

  


 

Warum „Dreiländerkreis“? Der heutige Landkreis Sigmaringen entstand als Kunstprodukt der Kreisreform von 1972 und ist mit Teilen des ehemaligen Landkreises Saulgau eine Portion  Oberschwaben, mit der Gegend um Messkirch und Pfullendorf eine Prise Baden und mit der Region Sigmaringen/Gammertingen ganz viel Hohenzollern. Das ist ein spannendes Gemisch aus drei Raumschaften, die aber zu Beginn des 19. Jahrhunderts schon einmal eine einheitliche Kultur- und Klosterlandschaft waren.

Wie gewohnt machen wir zunächst einen historischen Streifzug durch die Jahrhunderte und beschreiben dann im zweiten Kapitel 36 bemerkenswerte Orgeln von A wie „Ablach“ bis W wie „Wald“ als "Einzeldarstellungen". Bei der Erfassung dieser Instrumente haben wir teilweise Grundlagenforschungen betrieben: bis auf publizierte Untersuchungen der Orgeln in Inzigkofen und Wald gab es bislang im Landkreis Sigmaringen keine überkommunalen Arbeiten über Orgeln.

Die Suche hat sich gelohnt. So entdeckten wir in der altkatholischen Kirche von Sauldorf ein völlig unbekanntes, weitgehend erhaltenes Örgelchen: das vermutliche opus 1 von Anton Hieber, einem Orgelbauer, der die Tradition der Überlinger Werkstatt Aichgasser und Lang weiterführte.

Anton Hieber ist die eigentliche Entdeckung unserer orgelarchäologischen Forschungen. Er wurde 1792 als Sohn des dortigen „organeda et aedituus“ (Organist und Glöckner) Dominicus Hieber in Bingen bei Sigmaringen geboren. Er war Neffe des Salemer Kaplans und Organisten Dr. Frowin Hieber. Für seinen Onkel – auch sein energischer Protegé bei hohenzollerischen Kirchengemeinden – baute er 1816 eine Orgel mit sechs Register. Dieses Instrument steht wie erwähnt in Sauldorf. Prospekte in Eigeltingen (vom Werk sind fünf Register erhalten), Veringendorf unbd Herdwangen weisen auf einen überregional bedeutenden Künstler hin. Der Großteil seiner von 1816 bis 1846 reichenden Tätigkeit spielte sich im Hegau ab und ist noch weitgehend unerforscht. Anton Hieber starb 1846 in Überlingen. Sein Sohn Eduard legte 1848 bei Revident Johann Adam Seitz aus Reutlingen die Prüfung als Orgelbaumeister ab. Eduard war 1855 bis 1865 mit Stephan Schumacher assoziiert.

Im Landkreis Sigmaringen sind nur wenige Orgeln des 18. Jahrhunderts überkommen, die Region ist aber reich an gut erhaltenen Orgeln des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Ein besonderes Prachtstück – leider nur auf besondere Anmeldung öffentlich zugänglich – ist die Späth-Orgel von 1911 in der Hohenzollerischen Gruftkirche Sigmaringen-Hedingen1. Gut – überwiegend original - erhalten sind auch zwei Walcker-Orgeln aus den 1880er Jahren; das schöne Instrument in der Klosterkirche Sießen (siehe Bild oben) ist auf der zum Buch gehörigen CD zu hören.

Wie gewohnt ist auch im Buch „Sigmaringen“ ein wenig für Unterhaltung gesorgt, denn neben den hier beschriebenen bemerkenswerten Orgeln und deren tüchtigen Erbauern – etwa Johann Georg Aichgasser, seinem Nachfolger Johann Baptist Lang oder dem berühmten Johann Holzhey – gab es auch im heutigen Landkreis Sigmaringen „Kistler, halbausgelernte Claviermacher oder andere Individuen, welche einige Zeit in den Werkstätten wirklicher Orgelbauer den Hobel geführt, die als Orgelbauer auftreten und diesem Geschäfte doch nichts weniger als gewachsen sind"2.

Etwa die Brüder Joseph und Kaspar Speidel, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts zunächst das Lauchert-Tal, später ganz Oberschwaben unsicher machten. Dann war da das Großmaul Johann Georg Mayer oder der schon aus früheren Büchern unrühmlich bekannte Clemens Schefold aus Ehingen.

Geradezu Kriminelles ist zu berichten von einem Orgelbauer, der in Kirchen einbrach und Pfeifen stahl. Dafür musste Joseph Klingler von 1829 bis 1832 im Zuchthaus Hornstein büßen. Der „Züchtling“ Klingler war aber so tüchtig, dass er im Gefängnis Klaviere und als Freigänger sogar Orgeln baute. Resozialisierung pur!

Zu dem Buch gibt es eine CD, die Johannes Mayr an den Orgeln in Inzigkofen, Wald, Habsthal, Göggingen, Krumbach und Sießen eingespielt hat.

1. Die Kirche ist in Privatbesitz und nur an besonderen Feiertagen für die Öffentlichkeit zugänglich.
2. Donat Müller, Kurze Beschreibung der einzelnen Theile der Kirchenorgel  … ein nothwendiges Handbüchlein, Augsburg 1848, S.
40/41

Wolfgang Manecke


 

Historische Orgeln im Dreiländerkreis Sigmaringen

von Wolfgang Manecke und Mark Vogl

Gmeiner Verlag, Meßkirch 2010

ISBN 978-3-8392-1152-6

Buch: vergriffen

CD: ausverkauft

Historische Orgeln in Oberschwaben · Impressum