Historische Orgeln im Dreiländerkreis Sigmaringen
Das 2010 erschienene Buch enthält 36 bebilderte, ausführliche Einzeldarstellungen historischer Orgeln:
- Bad Saulgau
- Bad Saulgau, Liebfrauenkirche (Späth 1890)
- Bolstern, Pfarrkirche St. Gallus (Walcker 1881)
- Hochberg, Pfarrkirche Mariä Geburt (Späth 1931/32 im Gehäuse von Kiene 1844/45)
- Sießen, Pfarr- und Klosterkirche (Walcker 1882)
- Herdwangen-Schönach
- Aftholderberg, Pfarrkirche St. Eulogius (Späth 1938)
- Herdwangen, Pfarrkirche St. Peter und Paul (Mönch 1893 in einem Hieber zugeschriebenen Gehäuser des frühen 19. Jh.)
- Hettingen
- Hettingen, Marienkapelle (Positiv des 18. Jh., von Weigle 1946 erneuert)
- Inneringen, Pfarrkirche St. Martin (Blessing 1863, von Stehle 1943 verändert)
- Illmensee
- Illmensee, Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt (Pfaff 1986 im Gehäuse von Braun 1859/61)
- Inzigkofen
- Engelswies, Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Maria und Verena (Schwarz 1903)
- Inzigkofen, Filialkirche St. Johannes Baptist, ehem. Klosterkirche (Lang 1780/81)
- Vilsingen, Pfarrkirche St. Johannes und Paulus (Späth 1940/41 mit Teilen von Ruff 1891/92)
- Krauchenwies
- Ablach, Pfarrkirche St. Anna (Stehle 1905)
- Göggingen, Pfarrkirche St. Nikolaus (Braun 1883)
- Hausen am Andelsbach, Pfarrkirche St. Ottilia (Klingler 1857, Veränderungen Stehle 1954)
- Meßkirch
- Meßkirch, Stadtpfarrkirche St. Martin, Chorpositiv (Späth 1955, Prospekt Holzhey 1773?)
- Rohrdorf, Pfarrkirche St. Petrus und Paulus (Welte 1939)
- Neufra
- Neufra, Pfarrkirche St. Mauritius (Stehle 1942 bzw. Schwarz 1975, Gehäuse von 1862)
- Ostrach
- Burgweiler, Pfarrkirche St. Blasius (Schwarz 1884)
- Einhart, Pfarrkirche St. Nikolaus (anonym, spätes 18. Jh.)
- Habsthal, Pfarr- und Klosterkirche St. Stephan (Späth 1907/08)
- Magenbuch, Pfarrkirche St. Pankratius (Klingler 1845)
- Pfullendorf
- Pfullendorf, Dreikönigs-Kapelle (Schwarz 1907)
- Pfullendorf, Stadtpfarrkirche St. Jakob (Albiez 1974, Prospekt Spiegel 1740/49)
- Sauldorf
- Bietingen, Pfarrkirche St. Cyriakus (Pfaff 1993, im und Gehäuse mit Registern von Nägele 1848)
- Krumbach, Pfarrkirche St. Johannes Baptist (Ruff zwischen 1867 und 1870)
- Sauldorf, Altkatholische Pfarrkirche St. Sebastian (Hieber 1816)
- Sauldorf, Katholische Pfarrkirche St. Sebastian (Braun 1845/47)
- Scheer
- Heudorf, Pfarrkirche St. Peter und Paul (Späth 1902)
- Sigmaringen
- Hedingen, Gruftkirche des Fürstenhauses Hohenzollern (Späth 1911)
- Laiz, Pfarrkirche St. Peter und Paul (Späth 1956/57, Gehäuse Bihler 1770)
- Sigmaringen, Pfarrkirche St. Johannes Evangelist, Chororgel (Keppner 1773, Rekonstruktion Stehle 1992)
- Stetten am kalten Markt
- Frohnstetten, Pfarrkirche St. Sylvester (Link 1883)
- Veringenstadt
- Hermentingen, Kapelle St. Gallus, Positiv (18. Jh., erneuert Weigle 1947)
- Veringendorf, Pfarrkirche St. Michael (Stehle 1985, Gehäuse Hieber 1834)
- Wald
- Wald, Pfarrkirche St. Bernhard, ehem. Klosterkirche (Aichgasser 1751, spätere Veränderungen)
Zudem enthält das Buch ein Kapitel zur Geschichte des Orgelbaus im Landkreis, ein Verzeichnis aller Pfeifenorgeln im Landkreis Sigmaringen (mit Abbildungen ausgewählter Orgeln) sowie ein Verzeichnis der Orgelbauer, die im Landkreis tätig waren. Ein Literaturverzeichnis und ein Personenregister beschließen den Band.
Warum „Dreiländerkreis“? Der heutige Landkreis Sigmaringen entstand als Kunstprodukt der Kreisreform von 1972 und ist mit Teilen des ehemaligen Landkreises Saulgau eine Portion Oberschwaben, mit der Gegend um Messkirch und Pfullendorf eine Prise Baden und mit der Region Sigmaringen/Gammertingen ganz viel Hohenzollern. Das ist ein spannendes Gemisch aus drei Raumschaften, die aber zu Beginn des 19. Jahrhunderts schon einmal eine einheitliche Kultur- und Klosterlandschaft waren.
Wie gewohnt machen wir zunächst einen historischen Streifzug durch die Jahrhunderte und beschreiben dann im zweiten Kapitel 36 bemerkenswerte Orgeln von A wie „Ablach“ bis W wie „Wald“ als "Einzeldarstellungen". Bei der Erfassung dieser Instrumente haben wir teilweise Grundlagenforschungen betrieben: bis auf publizierte Untersuchungen der Orgeln in Inzigkofen und Wald gab es bislang im Landkreis Sigmaringen keine überkommunalen Arbeiten über Orgeln.
Die Suche hat sich gelohnt. So entdeckten wir in der altkatholischen Kirche von Sauldorf ein völlig unbekanntes, weitgehend erhaltenes Örgelchen: das vermutliche opus 1 von Anton Hieber, einem Orgelbauer, der die Tradition der Überlinger Werkstatt Aichgasser und Lang weiterführte.
Anton Hieber ist die eigentliche Entdeckung unserer orgelarchäologischen Forschungen. Er wurde 1792 als Sohn des dortigen „organeda et aedituus“ (Organist und Glöckner) Dominicus Hieber in Bingen bei Sigmaringen geboren. Er war Neffe des Salemer Kaplans und Organisten Dr. Frowin Hieber. Für seinen Onkel – auch sein energischer Protegé bei hohenzollerischen Kirchengemeinden – baute er 1816 eine Orgel mit sechs Register. Dieses Instrument steht wie erwähnt in Sauldorf. Prospekte in Eigeltingen (vom Werk sind fünf Register erhalten), Veringendorf unbd Herdwangen weisen auf einen überregional bedeutenden Künstler hin. Der Großteil seiner von 1816 bis 1846 reichenden Tätigkeit spielte sich im Hegau ab und ist noch weitgehend unerforscht. Anton Hieber starb 1846 in Überlingen. Sein Sohn Eduard legte 1848 bei Revident Johann Adam Seitz aus Reutlingen die Prüfung als Orgelbaumeister ab. Eduard war 1855 bis 1865 mit Stephan Schumacher assoziiert.
Im Landkreis Sigmaringen sind nur wenige Orgeln des 18. Jahrhunderts überkommen, die Region ist aber reich an gut erhaltenen Orgeln des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Ein besonderes Prachtstück – leider nur auf besondere Anmeldung öffentlich zugänglich – ist die Späth-Orgel von 1911 in der Hohenzollerischen Gruftkirche Sigmaringen-Hedingen1. Gut – überwiegend original - erhalten sind auch zwei Walcker-Orgeln aus den 1880er Jahren; das schöne Instrument in der Klosterkirche Sießen (siehe Bild oben) ist auf der zum Buch gehörigen CD zu hören.
Wie gewohnt ist auch im Buch „Sigmaringen“ ein wenig für Unterhaltung gesorgt, denn neben den hier beschriebenen bemerkenswerten Orgeln und deren tüchtigen Erbauern – etwa Johann Georg Aichgasser, seinem Nachfolger Johann Baptist Lang oder dem berühmten Johann Holzhey – gab es auch im heutigen Landkreis Sigmaringen „Kistler, halbausgelernte Claviermacher oder andere Individuen, welche einige Zeit in den Werkstätten wirklicher Orgelbauer den Hobel geführt, die als Orgelbauer auftreten und diesem Geschäfte doch nichts weniger als gewachsen sind"2.
Etwa die Brüder Joseph und Kaspar Speidel, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts zunächst das Lauchert-Tal, später ganz Oberschwaben unsicher machten. Dann war da das Großmaul Johann Georg Mayer oder der schon aus früheren Büchern unrühmlich bekannte Clemens Schefold aus Ehingen.
Geradezu Kriminelles ist zu berichten von einem Orgelbauer, der in Kirchen einbrach und Pfeifen stahl. Dafür musste Joseph Klingler von 1829 bis 1832 im Zuchthaus Hornstein büßen. Der „Züchtling“ Klingler war aber so tüchtig, dass er im Gefängnis Klaviere und als Freigänger sogar Orgeln baute. Resozialisierung pur!
Zu dem Buch gibt es eine CD, die Johannes Mayr an den Orgeln in Inzigkofen, Wald, Habsthal, Göggingen, Krumbach und Sießen eingespielt hat.
1. Die Kirche ist in Privatbesitz und nur an besonderen Feiertagen für die Öffentlichkeit zugänglich.
2. Donat Müller, Kurze Beschreibung der einzelnen Theile der Kirchenorgel … ein nothwendiges Handbüchlein, Augsburg 1848, S. 40/41
Wolfgang Manecke
Historische Orgeln im Dreiländerkreis Sigmaringen
von Wolfgang Manecke und Mark Vogl
Gmeiner Verlag, Meßkirch 2010
ISBN 978-3-8392-1152-6
Buch: vergriffen
CD: ausverkauft